Scheinselbständige Erzieherinnen – ein gewolltes (?) Steuersparmodell?

Wir haben zu wenig Tagesmütter/-väter und Erzieher. Davon können frisch gebackene Eltern ein Lied singen. Seit dem 01.08.2013 hat nun jedes Kind, das älter als ein Jahr ist, bis zu seiner Einschulung einen gesetzlich geregelten Anspruch auf einen Kindergartenplatz (§ 24 SGB III)

Seitdem droht der öffentlichen Hand sogar Schadensersatzpflicht bei Verdienstausfall, wenigstens aber muss sie die Kosten erstatten, die durch eine teurere private Betreuung des Kindes entstehen.
Laut statistischem Bundesamt  fehlten am 01.03.2012 noch 220.000 Plätze.

Unter anderem Berlin setzt nun auf scheinselbstständige Tagesmütter. Seit 1999 soll eigentlich verhindert werden, dass Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber in die (Schein)selbstständigkeit gedrängt werden, um Sozialversicherungsbeiträge zu sparen oder das unternehmerische Risiko auf die „Kleinen“ zu verlagern. Mittlerweile ist daraus eine Hexenjagd auf Selbständige geworden, nur um Einnahmen zu erzielen Trotzdem hält das die Kommunen nicht davon ab, genau diese prekären Arbeitsverhältnisse zu schaffen. Zwar übernehmen sie den vollen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeitrag zur Sozialversicherung (also Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung), aber das unternehmerische Risiko und wird trotzdem auf die Erzieherinnen abgewälzt, die sich oft allein gelassen fühlen, wenn es zum Beispiel darum geht, geeignete Räumlichkeiten oder Ausstattung für ihre Kindertagesstätte zu finden. Sogar von der Gewerkschaft fühlen sich die Erzieherinnen missverstanden. Anstelle von mehr Lohn wünschen sich viele bessere Arbeitsbedingungen, kleinere Gruppen zum Betreuen und vor allem eine altersgerechte Trennung der ganz jungen und der älteren Kinder, die vor dem besagten August 2013 noch gegeben war.

Doch Gewerkschaft wie Staat setzen auf monetäre Anreize, in einem Beruf, in dem die intrinsische Motivation  (noch) hoch ist und auch gewünscht und gefördert werden sollte.

Scheinselbstständige Erzieherinnen haben so zum Beispiel eine Reihe steuerlicher Privilegien, die bei einem Einkommen von 41.000,- € (Arbeitgeberbrutto) im Jahr die Steuerlast auf unter 200,- € senken können. Eine kinder- und konfessionslose Angestellte mit dem gleichen Verdienst zahlt in etwa 4.200,- € Steuern im Jahr.

Wie kommt das zu Stande? Ich zeige die Tricks:

Betriebskostenpauschale

Meist zur Steuervereinfachung eingeführt, gibt es zahlreiche Frei-  und Pauschbeträge. Auf diese Vereinfachungsgründe beruft sich auch das BMF-Schreiben vom 20.05.2009, IV C 6 – S 2246/07/10002, in dem festgelegt wird, dass pro betreuten Kind im Monat eine Betriebskostenpauschale in Höhe von 300,- € angesetzt werden kann. Bei Teilzeit-, oder Halbtagsbetreuung vermindert sich dieser Betrag im Verhältnis zu einer 40-Stunden-Woche. Monatliche Pauschbeträge in Höhe von 1.200,- bis 1.300,- € sind somit keine Seltenheit. Rechnet man Fluktuationen mit ein, kann man bei unserem Beispiel gut von 15.000,- bis 16.000,- € abziehbarer Kosten ausgehen. Der einzige Nachteil: tatsächliche Kosten, die der Erzieherin entstanden sind, sind nun nicht mehr (zusätzlich) abziehbar. Eingebürgert haben sich folgende Sätze pro Monat und Kind:
    halbtags:     187,50 €
    teilzeit:         262,50 €
    ganztags:    300,00 €

Abzug des steuerfreien Arbeitgeberanteils an der Sozialversicherung

Erwähnt wurde, dass der Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung ausgezahlt wird (§ 23 (2) SGB VIII). Da ist es recht und billig ihn analog zu § 3 Nr. 62 EStG als steuerfreie Einnahme abzuziehen. Achtung: das betrifft aber nur die Hälfte der ausgezahlten Sozialversicherungsbeiträge! Die andere Hälfte ist (eingeschränkt) als Sonderausgabe abzuziehen und hat in der Gewinnermittlung nichts verloren. Wichtig ist hierbei, dass es sich um eine (steuerfreie) Einnahme und nicht um eine Ausgabe handelt, die wegen der Geltendmachung des Pauschbetrages nicht mehr abziehbar wäre.

Negative Einnahmen/ durchlaufende Posten/ Auslagenersatz

Es ist eine Kann-Bestimmung, ob die Kommune die Miete der Räumlichkeiten übernimmt oder nicht. Ebenso fraglich ist, ob das Finanzamt der folgenden Argumentation folgt:

Die erstattete Miete ist (steuerfreier) Auslagenersatz analog zu § 3 Nr. 50 EStG und somit als durchlaufender Posten und negative Einnahme (wichtig wieder: keine (!) Ausgabe) von den Einnahmen abzuziehen.

Nach allen drei Maßnahmen ergibt sich für unser Beispiel folgende Rechnung:

Zahlbetrag:                                                                                     41.000,-
durchlaufende Posten/Auslagenersatz/negative Einnahme:                                                                                                               -6.800,-
steuerfreie Einnahmen § 23 (2) SGB VII                                       -4.400,-

Einnahmen gesamt:                                                                     29.800,-

Betriebskostenpauschale:                                                            -15.900,-

Überschuss:                                                                                  13.900,-

Nach Abzug der Sonderausgaben  und eventueller haushaltsnaher Dienstleistungen  ergibt sich hierbei eine Steuer von unter 200,- €.

Unter dem Strich bleibt viel Verantwortung für wenig Geld. Aber gewusst wie, kann man zumindest die Steuerlast auf ein erträgliches Maß senken.

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