Die inneren Bedenken und Zweifel sind beiseite geräumt – und es steht fest: Ich werde selbstständig. Der Selbstverwirklichung steht nichts mehr im Weg. Außer…. Fragen, Fragen, Fragen, die nur Experten beantworten können. Und Experten kosten Geld, das man am Anfang nicht hat… Gut, dass es das Lexware-Blog „Meine Firma und ich“ gibt. Hier werden die Informationen (mit)geteilt, die man braucht, um im kalten Wasser der Selbstständigkeit nicht unter zu gehen.
1. KANN ICH MICH AUS EINEM ANGESTELLTENVERHÄLTNIS SELBSTÄNDIG MACHEN UND FALLS JA, WAS GILT ES HIER ZU BEACHTEN?
Man kann in Deutschland nicht zu viele Jobs haben. Es ist nicht verboten, sich zu überlasten. Man darf nur nicht in der gleichen Branche tätig werden, in der man angestellt ist, da hier ein gesetzliches Wettbewerbsverbot herrscht. Aber selbst dann kann man sich einfach die Erlaubnis vom Chef holen. Hat man Steuerklasse I oder IV, ist man ohne Selbständigkeit nicht verpflichtet, eine Steuererklärung abzugeben. Mit der Selbständigkeit begründet man eine Erklärungspflicht, wenn die selbständigen Einkünfte 410,- € im Jahr übersteigen. Die Steuererklärung muss dann bis 31.05. des Folgejahres beim Finanzamt eingehen. Mit Steuerberater hat man bis 31.12. Zeit.
Was passiert, wenn die Frist überschritten wird? Zunächst mahnt das Finanzamt. Reagiert man auch auf die Mahnung nicht, folgt ein Schätzungsbescheid bzw. eine Zwangsgeldandrohung. Wie kann man die Frist verlängern? Spätestens bei der Mahnung (besser: vorher) sollte man aktiv werden und den Bearbeiter beim Finanzamt anrufen. Und hier ein Tipp aus der Berufspraxis:
Gespräche mit dem Finanzamt
Stellen Sie alle Lärmquellen ab und konzentrieren Sie sich auf den Anfang des Gespräches. Der Finanzbeamte nennt seinen Namen. Wiederholen Sie diesen! Wenn Sie nachfragen müssen, wie der Name war, haben Sie schon verloren. Sprechen Sie ihn zur Not falsch aus, aber sprechen Sie ihn aus. 90% aller Anliegen nehmen ein positives Ende, wenn dieser Anfang des Gespräches geglückt ist, wogegen 50% aller Anliegen scheitern, wenn man den Namen nicht verstanden hat.
2. WELCHE STEUERN KOMMEN AUF MICH ZU?
1. Umsatzsteuer (=Mehrwehrtsteuer) zum 10. des Folgemonats plus 3 Tage.
2. Einkommensteuer plus Solidaritätszuschlag plus (eventuell) Kirchensteuer zum 10.03., 10.06., 10.09. und 10.12. plus 3 Tage.
3. Gewerbesteuer zum 10.02., 10.05, 10.08., 10.11. plus drei Tage.
4. Lohnsteuer (wenn man Angestellte hat) zum 10. des Folgemonats plus drei Tage.
Wieso plus drei Tage und nicht der dreizehnte? Weil, wenn das Fristende auf einen Sonnabend, Sonntag oder Feiertag fällt, der nächste Werktag als Ende gilt. Und diese Feiertagsregel gilt auch für die Schonfrist von drei Tagen. Das heißt, es kommt manchmal gleich zu zwei Verlängerungen. Einmal durch das Ende der regulären Frist und einmal durch das Ende der Schonfrist von drei Tagen. Im Zweifel kann man sich Fristenkalender für das aktuelle Jahr ergoogeln oder einfach bei der Finanzkasse nachfragen.
Man kann sich durch einen Antrag auf Dauerfristverlängerung und Leistung einer Sondervorauszahlung (also einer Art Kaution) einen zusätzlichen Monat Zeit bei der Umsatzsteuer erkaufen. Das sollte man auch tun, sind die Strafzahlungen, die das Finanzamt bei Verspätung und Versäumnis festsetzt, doch so hoch, dass der Zinseffekt wieder ausgeglichen wird.
3. WELCHES FINANZAMT IST FÜR MICH ZUSTÄNDIG?
Das kommt darauf an, wo die Betriebsstätte liegt und ob man in einer Großstadt wohnt oder nicht.
Hat man keine Betriebsstätte, bzw. ist diese in den eigenen 4 Wänden ist das (Haupt)wohnsitzfinanzamt zuständig.
Liegt die Betriebsstätte innerhalb derselben Gemeinde, aber in einem anderen Finanzamtsbezirk (z.B. Berlin Neukölln) als man wohnt (z.B. Berlin Köpenick), ist das Betriebsstättenfinanzamt zuständig (also hier Neukölln). Das nennt man auch die Großstadtregelung.
Liegt die Betriebsstätte außerhalb der Gemeinde, wird es bürokratisch: Man muss nun zwei Steuererklärungen abgeben. Eine gesonderte Erklärung des Gewinnes beim Betriebsstättenfinanzamt und eine Einkommensteuererklärung wie gewohnt beim Wohnsitzfinanzamt. Trostpflaster: Man hat nun zwei bearbeitende Beamte, die nur ihren Teil der Steuererklärung kennen – das kann Vorteile haben.
Hat man konkurrierende Finanzämter, z.B. weil man mehrere Betriebsstätten hat, dann machen das die Finanzämter unter sich aus. Theoretisch. Faktisch hat man die Wahl, da die Finanzämter die Entscheidung (wahrscheinlich) Ihnen überlassen werden in der Hoffnung, von zusätzlichem Aufwand verschont zu bleiben.
4. BRAUCHE ICH EINEN BUSINESSPLAN?
Für Kredite und Fördergelder ja, für das Finanzamt nein. Für das Finanzamt braucht man eventuell eine Totalgewinnprognose, wenn es wegen langjähriger Verluste Liebhaberei unterstellen will. Aber das dann erst nach Jahren der Verlusterklärung.
5. WIE VIEL STARTKAPITAL BENÖTIGE ICH?
Kommt auf die Geschäftsidee an und auf die Rechtsform. Für eine GmbH braucht man als Einzelner 25.000,- €, wovon man die Hälfte zur Gründung einzahlen muss. Man kann dies nochmal halbieren, wenn man einen zusätzlichen Gesellschafter mit ins Boot holt. Alternativ kann man Sacheinlagen leisten oder eine UG gründen. Eine UG genießt jedoch keinen guten Ruf, da jeder Geschäftspartner weiß, dass sie nur existiert, weil das Stammkapital nicht vorhanden ist.
6. SOLL ICH MICH ALS GEWERBE ODER FREIBERUFLER BEIM FINANZAMT MELDEN? WELCHE BEHÖRDENGÄNGE SIND SONST NOTWENDIG?
Ein Gewerbe hat 4 positive und 2 negative Merkmale: „[Gewerblich ist jede] selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, […] wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist.“
Um festzustellen, ob eine Tätigkeit gewerblich ist, muss man das Pferd also von hinten aufzäumen und erst einmal Land-und Forstwirtschaft und Freiberuflichkeit ausschließen.
Bloggen, ob nun schriftlich oder per Video, sollte zum Beispiel kein Gewerbe sein.
In der Weimarer Republik schaffte man die Gewerbesteuerfreiheit der Freiberufler ab. Der Freiberuf ist somit heute noch ein Relikt aus der Zeit des Nationalsozialismus. „Die Grundsätze des Nationalsozialismus erfordern eine Herausnahme der Freien“.
Berufe aus der Gewerbesteuer.“ (RStBl 1937, 694) Man kann nur vermuten, dass es sich um eine steuerliche Bevorzugung (also quasi eine Subvention) der geistigen Elite handelt. Somit zählen alle Katalogberufe dazu (z.B. Arzt, Rechtsanwalt und Steuerberater), sowie wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeiten, wenn man eine hohe Qualifikation vorweisen kann und aufgrund derer leitend und eigenverantwortlich tätig wird. Profisportler erfüllen diese Anforderungen übrigens nicht; sie sind gewerbetreibend. Das erscheint kontraintuitiv, ist aber so.
Ist man also kein Freiberufler und verdient irgendwie Geld mit einer Tätigkeit , also nicht durch Rente, Vermietung oder Kapitalvermögen, dann ist man (höchstwahrscheinlich) Gewerbetreibender. Denn die 4 positiven Merkmale treffen (fast) immer zu:
1. selbstständig tätig (in Abgrenzung zum Arbeiter- oder Angestelltenverhältnis) Achtung: Hier droht die Scheinselbständigkeit, die neuerdings immer strenger geahndet wird.
2. nachhaltig (also auf Dauer – einmalig eingenommene Beträge fallen z. B. nicht darunter).
3. Gewinnerzielungsabsicht (es kommt nicht auf den tatsächlichen Gewinn, sondern allein auf die Absicht an – Verluste sind also möglich, solange sie nicht zur Regel werden).
4. Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr (Werbung? Internetseite? Sonstige Öffentlichkeitsarbeit? Fehlt dies alles und sind darüber hinaus nur Verluste zu verzeichnen, unterstellt das Finanzamt gerne Liebhaberei, um die Verluste zu streichen).
Erfüllt man alle diese Voraussetzungen, dann muss man beim Gewerbeamt einen Gewerbeschein beantragen, der so ungefähr 20,- bis 40,- € kostet (je nach Gemeinde verschieden). Damit hat man einen Nachweis seiner Selbstständigkeit (gilt auch als Nachweis bei der Metro). Man sollte diesen Gewerbeschein sorgfältig aufbewahren, da es immer mal wieder vorkommen kann, dass man seine Selbständigkeit belegen muss.
Das Gewerbeamt schickt eine Mitteilung an das Finanzamt, das dann den Steuerpflichtigen auffordert, einen Fragebogen zur Aufnahme einer Tätigkeit auszufüllen.
Achtung! Sie werden nach Ihren zukünftigen Einkünften gefragt. Sie erwarten viel – aber tritt das auch 100%ig ein? Beschneiden Sie nicht gleich zu Anfang ihre klamme Liquidität, indem Sie dem Finanzamt gestatten, hohe Vorauszahlungen festzusetzen. Schlauer ist es, Geld beiseite zu legen, wenn die Einnahmen wirklich sprudeln sollten.
Wenn Sie Kleinunternehmer sein wollen, beachten Sie die Grenze von 17.500,- €. Die sollten Sie dann auch bei der Anmeldung nicht überschreiten.
7. WAS KANN ICH ALS GEWEBETREIBENDER, WAS ALS FREIBERUFLER STEUERLICH NUTZEN?
Grundsätzlich gilt: Es kommt nicht darauf an, welche Einkunftsart vorliegt. Arbeitnehmer werden genauso behandelt wie Freiberufler oder Gewerbetreibende. Theoretisch. Praktisch haben Freiberufler und Gewerbetreibende mehr Möglichkeiten des Betriebsausgabenabzugs. Das fängt beim Auto an, geht über Bewirtungsrechnungen, die das Finanzamt in der Praxis dem Selbstständigen der Höhe und der Anzahl nach mehr zubilligt und endet mit Geschäftsreisen, um nur einige Beispiele zu nennen. Zwischen Gewerbetreibenden und Freiberuflern sollte aber auch in der Praxis kein Unterschied bestehen. Unterschiede bestehen dort nur in der jeweiligen Branche. Unterschiedliche Berufe und Tätigkeiten bieten unterschiedliche Abzugsmöglichkeiten, denn Werbungskosten (und Betriebsausgaben) sind alle Aufwendungen zur Sicherung, Erhaltung und Erzielung der Einnahmen. Somit können sie je nach Branche in Höhe und Qualität variieren. Als Freiberufler hat man aber den Vorteil, dass man nicht bilanzieren muss, sobald der Gewinn 60.000,- € übersteigt, sondern bei der sogenannten Einnahme-Überschuss-Rechnung bleiben kann. Und auch bei der Umsatzbesteuerung kann man bei der Ist-Versteuerung bleiben, selbst wenn die Umsätze größer als 500.000,- € sind. Bei beidem ist der Unterschied die Bemessungsgrundlage der Besteuerung. Einmal (EÜR) wird sie nach dem Zufluss-Abfluss-Prinzip ermittelt, das heißt, es wird nur besteuert, was auch geflossen ist und einmal nach dem Periodenprinzip (Bilanz), heißt, es wird alles besteuert, was in den Monat/das Jahr gehört, egal wann die Bezahlung war.
8. WO LIEGEN MEINE PFLICHTEN?
Sobald man sich selbständig macht und Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen will (also kein Kleinunternehmer sein will), muss man monatlich Umsatzsteuervoranmeldungen abgeben. Missachtet man diese Pflicht, setzt das Finanzamt Schätzungen an, die meist viel zu hoch sind. Außerdem kommen eventuell Verspätungszuschläge hinzu. Meistens ist die Steuerlast dadurch so hoch, dass das Unternehmen nach einigen Monaten keine Liquidität mehr hat. Dann kommen Säumniszuschläge hinzu und die Insolvenz ist nicht mehr weit.
Nach einem Jahr, kann es sein, dass man nur noch alle drei Monate Umsatzsteuervoranmeldungen (unter 7.500,- € Zahllast) abgeben muss, oder, wenn die Zahllast gar unter 1.000,- € war, ganz von den Voranmeldungen befreit wird.
9. BRAUCHE ICH EIN FIRMENKONTO UND WENN JA, WIE VIELE?
Damit die gewerblichen Tätigkeiten nicht auf die selbstständigen, freiberuflichen Tätigkeit (z.B. Bloggen) abfärben, muss beides streng getrennt werden. Man muss ein separates Konto und separate Nummernkreise für Rechnungen einrichten. Es sei denn, die eine der beiden Tätigkeiten führt regelmäßig nur zu Verlusten. Dann hat man ein Interesse daran, beide Tätigkeiten zu vermischen (im Fachjargon: abfärben zu lassen), damit die Betriebsausgaben weiter abziehbar bleiben und das Finanzamt nicht irgendwann Liebhaberei unterstellen kann.
10. WELCHE RECHTLICHEN PFLICHTEN GEHE ICH EIN, WENN ICH MEHRERE IDEEN VERWIRKLICHE?
Steuertechnisch: Dass man mit der Steuerlast kalkuliert. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer im Prinzip Fremdgeld ist, das an das Finanzamt weitergeleitet werden muss. Kommt es zu Liquiditätsproblemen und muss man einen Steuerstundungsantrag stellen, ist das Finanzamt bei der Umsatzsteuer besonders streng, weil es voraussetzt, dass ein Unternehmer mit Fremdmitteln kalkulieren können muss. Gewerbe- und Einkommensteuer kann man da schon eher mal gegen einen Zinssatz von 0,5 % pro Monat, also 6% p. a. stunden lassen, wenn man Stundungswürdigkeit und Stundungsbedürftigkeit glaubhaft darlegen kann. Hinter diesen kryptischen Begriffen verbirgt sich nichts anderes als die Gründe, warum Sie kein Geld haben und warum sie daran n i c h t schuld sind. In der abendländischen Rechtssprechung geht es leider häufig nur darum: wer hat schuld – auch wenn das mitunter sehr verklausuliert wird.
Wichtig ist bei mehreren Firmen, wie in diesem Fall auch: Umsatzsteuterlich gibt es nur eine Firma. Wenn die anderen Projekte nicht gerade in einer GbR oder sonstiges Gesellschaft verwirklicht werden, zählen umsatzsteuerlich alle Geschäfte als eines. Das ist zum Beispiel für die Kleinunternehmergrenze wichtig. Die gibt es dann also nicht dreimal, sondern sie gilt insgesamt für alle Bereiche zusammen nur einmal.
11. ICH HABE EIN AUTO UND EINEN COMPUTER, DIE ICH FÜR ALLES UND AUCH PRIVAT NUTZE. WAS MUSS ICH AUS STEUERLICHEN GRÜNDEN HIER BEACHTEN?
Anfang des ersten Jahrzehnts des neuen Jahrhunderts kam es vor, dass das Finanzamt (vor allem bei Arbeitnehmern – siehe oben) einen Fragebogen schickte, um den Privatanteil des Computers festzustellen und die Abschreibung um diesen zu kürzen. Das ist spätestens im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts aber unüblich geworden. Ja, theoretisch muss man den Privatanteil anhand des Zeitumfanges schätzen und rausrechnen. Theoretisch. Praktisch gehört das bei Computern der Vergangenheit an. Beim Auto sieht das allerdings anders aus. Hier gibt es vier Möglichkeiten der Abrechnung. Das ist eigentlich einen eigenen Artikel wert. Ich versuche, es kurz zu machen:
1%-Methode:
Es werden alle Kosten (Benzin, Reparatur, Waschen, Steuern und Versicherung, etc.) gesammelt und angesetzt. Um den Privatanteil zu berücksichtigen, wird 1% des Bruttolistenpreises pro Monat (also jährlich x 12) als (fiktive) Einnahme angesetzt. Viele Steuerberater nehmen nun 80% des ermittelten Betrages und unterwerfen diesen der Umsatzsteuer. Das ist meist ungünstig. Günstiger ist es, einen Privatanteil zu schätzen und nur die mit Umsatzsteuer behafteten Kosten zu versteuern. Das Zauberwort heißt hier: “sachgerechte Schätzung”. In der Praxis sind 30% Privatanteil üblich. Ungünstig bei dieser Methode ist, dass immer der Neupreis ohne Rabatte und Nachlässe (und mit Umsatzsteuer!) als Bemessungsgrundlage fungiert. Das ist auch höchstrichterlich so bestätigt worden. Begründung: Es steht dem S teuerpflichtigen frei, diese Vereinfachungsmethode durch ein genaues Fahrtenbuch zu ersetzen. Damit kommen wir zur nächsten Methode:
Fahrtenbuch
Vorab: Achtung – Arbeit! Ein Fahrtenbuch zu führen ist mühsam und meist umsonst. 9 von 10 Fahrtenbüchern fliegen bei einer Prüfung als unzureichend geführt raus. Der Prüfer vergleicht nämlich genau das Fahrtenbuch mit den Benzin- und Bewirtungsrechnungen, um Unstimmigkeiten zu finden: “Sie waren laut Fahrtenbuch an ihrem Geburtstag geschäftlich in Rostock. Getankt haben Sie aber in München und geschäftlich Essen waren sie in Stettin. Kann ja sein, dass Sie das alles an einem Tag bewerkstelligt haben – aber wo sind die restlichen Tankquittungen????” Solch unangenehme Fragen kommen dann und führen dazu, dass doch wieder die 1%- Methode angewendet wird. Denn auch formal ist einiges zu beachten, wenn man Fahrtenbuch führt.
Gesetzt, wir haben ein ordentliches Fahrtenbuch. Dann wird anhand der Kilometer ein Prozentsatz ermittelt für den Privatanteil. Nehmen wir an, wir haben 5% ermittelt, dann werden 5% der Kosten als (fiktive) Einnahme den Ausgaben entgegengesetzt. Das ist dann (meistens) erheblich günstiger als die Pauschalierung mit 1% des Bruttolistenpreises.
Kilometerpauschale
Voraussetzung für die Bruttolistenpreismethode ist, dass das Auto zu mindestens 50% betrieblich genutzt wird. Das muss man im Zweifel anhand einer Exceltabelle nachweisen (über drei zusammenhängende repräsentative Monate). Nutzt man das Auto unter 50% betrieblich, muss man entweder Fahrtenbuch führen (das ist in den meisten Fällen ungünstig) oder man setzt pauschal 0,30 € pro gefahrenen Kilometer als Kosten an. Damit wären dann alle Kosten abgegolten, außer: Parken und unvorhergesehene Kosten. Auch Vorsteuerabzug hat man dann nicht. Was uns zur 4. Methode bringt:
pauschale Kilometerabrechnung (wie oben) mit Vorsteuerabzug
Das ist eine theoretische Möglichkeit, die in der Praxis allerdings unüblich und unbekannt ist. Denn: Umsatzsteuerlich kann man einen Gegenstand zum Betriebsvermögen zuordnen, wenn die betriebliche Nutzung über 10% beträgt. Einkommensteuerlich muss man den Gegenstand (hier: das Auto) nur in das Betriebsvermögen einlegen, wenn man ihn über 50% betrieblich nutzt. Und jetzt der Clou: Umsatzsteuerliches Betriebsvermögen und einkommensteuerliches Betriebsvermögen dürfen voneinander abweichen. Das heißt, man könnte bei einer Nutzung zwischen 10% und 50% pauschal mit 0,30 € pro Kilometer einkommensteuerlich abrechnen und umsatzsteuerlich trotzdem die Vorsteuer auf Anschaffung, Benzin und Reparatur etc. geltend machen, wenn man die sogenannte “unentgeltiche Wertabgabe” im Gegenzug versteuert. Ich rate jedoch davon ab. Das überfordert (fast) jeden Finanzbeamten und bringt mehr Ärger als alles andere.
Praktisch hat man also die Wahl zwischen: pauschaler Kilometergeldabrechnung und 1%-Methode. Eventuell kommt für Genaue und Fleißige die Fahrtenbuchmethode in Betracht, aber das wird wohl die Ausnahme bleiben. Generell gilt für alle beweglichen Wirtschaftsgüter, die man zwischen 10% und 50% betrieblich nutzt, dass man die Wahl hat, sie ins Betriebsvermögen einzulegen (sogenanntes „gewillkürtes Betriebsvermögen“). Nur, wenn es sich um Immobilien handelt oder die Nutzung über 50% betrieblich ist, handelt es sich um sogenanntes „notwendiges Betriebsvermögen“ – dann muss der Gegenstand abgeschrieben werden (das war die gute Nachricht) und bei Verkauf/Entnahme versteuert werden (das war die schlechte Nachricht).
12. WELCHE VERSICHERUNGEN MUSS ICH ABSCHLIESSEN?
Kommt darauf an, welche Risiken man absichern will. Woran man unbedingt denken sollte: Das Altwerden. Ich rate regelmäßig davon ab, mit einer Versicherung zu wetten, dass man alt wird. Noch nicht erkannt, wovon ich spreche? Von Rentenversicherungen aller coleur. Egal, ob nun Riester oder Rürup oder oder. Bei der Riester werden erwiesenermaßen die staatlichen Zulagen vom Verwaltungsaufwand der Versicherung wieder aufgefressen. Bei der Rürup hat man zwar einen steuerlichen Vorteil, aber das Geld ist für Jahre, ja Jahrezehnte weg. Und jetzt denken wir mal zurück: Wieviel kostete vor 20 Jahren ein Brötchen? Wieviel kostete eine Wohnung? Alle 10 Jahre verdoppeln sich die Preise. Wir hatten in den vergangenen 25 Jahren zwei Währungsreformen. Stellen wir uns sich vor, wir hätten zu DDR-Mark-Zeiten eine Rentenversicherung abgeschlossen. Wie hoch wäre nun wohl die Rente in Euro? Würden man davon leben können? Wäre das ein gutes Geschäft gewesen? Für die Versicherung schon, aber auf keinen Fall für uns. Wie sollte man also vorsorgen? Die beste Altersvorsorge – nach meiner Ansicht: Bildung, Immobilien, Gold – und (das ganze finanziert durch) Schulden (denn die werden immer kleiner).
Noch ein paar Tipps zur Unfallversicherung für Selbstständige:
13. WARUM KANN MIR EIN STEUERBERATER HELFEN?
Nichts ist so sicher wie der Tod und die Steuer – aber beides kann man erträglicher machen.
14. BIN ICH ALS SELBSTÄNDIGE ARBEITSLOSENVERSICHERT?
Nein, aber man kann freiwillig Arbeitslosenversicherung an das Arbeitsamt zahlen. Allerdings ist das Preis-Leistungsverhältnis (auch hier) äußerst fragwürdig.
15. MUSS ICH SCHON JETZT AN EINE RECHTSFORM DENKEN UND WENN JA, WIE FINDE ICH DIE RICHTIGE FÜR DIE PROJEKTE?
Wählt man keine Rechtsform, ist man (meistens) automatisch Einzelunternehmer. Man kann sich überlegen, ob man die Geschäftspartner in die Firma aufnimmt (GbR) oder ob jeder für sich abrechnet (z. B. Bürogemeinschaft). Ich rate von einer GbR ab. Denn dann haftet man auch für die Schulden des anderen Gesellschafters, welche er im Rahmen der Gesellschaft macht und auch die Trennung fällt rechtlich schwerer. Hat man hohe Haftungsrisiken, die man n i c h t mit einer Versicherung absichern kann, lohnt es sich, eine GmbH zu gründen. Ansonsten hat die GmbH nur Nachteile. Man zahlt mehr Steuern, hat mehr Pflichten und höhere Verwaltungskosten. Der einzige Vorteil liegt in der eingeschränkten Haftung: Mann kann die Firma in Insolvenz gehen lassen, ohne dass – vorausgesetzt man stellt sich geschickt an – das Privatvermögen betroffen ist.
16. WAS IST DIE EINFACHSTE MÖGLICHKEIT, DIE BUCHHALTUNG ABZUWICKELN? GIBT ES DIE ÜBERHAUPT?
In Zukunft wird es heißen: Belege sammeln. Und das lohnt sich. Das lohnt sich sogar so, dass eine zeitlang Belege bei ebay gehandelt wurden. Ich weiß nicht, ob das immer noch so ist, aber dabei sollte man sich nicht erwischen lassen, weil das Steuerhinterziehung ist. Die einfachste Möglichkeit ist der Steuerberater. Ob das auch die effizienteste Möglichkeit ist, kommt auf den Umfang der Buchführung an und auf den Steuerberater. Man könnte so vorgehen: Man nimmt sich für das erste Jahr einen Steuerberater, guckt sich genau an, wie er seine Arbeit macht und stellt alle Fragen, die man hat. Danach legt man sich ein Buchführungsprogramm zu und kopiert die Arbeit des Steuerberaters. Das wäre die kostengünstigste Variante. Wenn man allerdings das Geld übrig hat, ist auch ein weiterführendes Mandat meistens lohnenswert. Man spart einfach viel Zeit und hat immer einen Experten zur Hand.
17. WIE HAFTE ICH FÜR SCHULDEN?
Unbeschränkt. Einziger Ausweg: Haftungsbeschränkung durch Rechtsform (z.B. GmbH).
18. WENN ICH EINE KNIFFLIGE STEUERRECHTLICHE FRAGE HABE, DIE MIR AUCH MEIN STEUERBERATER NICHT BEANTWORTEN KANN? AN WEN WENDE ICH MICH?
Das Zauberwort (oder auch Fluchwort) heißt: verbindliche Auskunft. Damit bezahlt man das Finanzamt dafür, dass es sich im beschriebenen Sachverhalt festlegt und später (auch bei einer Prüfung) nicht davon abweichen darf. Ich habe solch einen Fall noch nicht erlebt, kann mir aber vorstellen, dass der Prüfer „neue Tatsachen“ anführt, die das Finanzamt erst im Zuge der Prüfung erfahren hat, um dann doch wieder von der verbindlichen Auskunft abzuweichen. Das heißt im Endeffekt, dass das Finanzamt sich seine „steuerliche Beratung“ bezahlen lässt. Trotzdem kann eine verbindliche Auskunft im Einzelfall angebracht sein. Ich hatte zum Beispiel einen Steuerpflichtigen, der im Ausland lebt und keinen Wohnsitz in Deutschland hat. Das ist ein Ausnahmefall, weil eigentlich der Wohnsitz (in Deutschland) die deutsche Steuerpflicht erst begründet. Jetzt war die Frage, ob eine doppelte Haushaltsführung über 10.000 km interkontinental möglich ist. Diese Auskunft hat sich der Mandant fast 2.000,- € kosten lassen – was sich aber gelohnt hat: denn: doppelte Haushaltsführung ist (laut Finanzamt) in dem Fall möglich! Die jährliche Steuerersparnis durch diese Auskunft ist weitaus höher als die gezahlten 2.000,- €.
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Ich lebe also ganz nach dem Motto: „Wer will, findet Wege – wer nicht will, findet Ausreden!“ Und ich will das Paradies auf Erden. Nichts weniger.