Uwe Krüger
Gehsener Str. 62
12555 Berlin
Finanzamt Treptow/Köpenick
Seelenbinderstr. 99
12555 Berlin
Berlin, den 29.05.17
Steuernummer:
Unser Telefonat vom 29.05.17 zur Einkommensteuer- und Umsatzsteuererklärung 2015
Sehr geehrte Frau Westerland [Name geändert],
ich danke Ihnen für das erhellende Telefonat, das wir beide heute führten. Jetzt kommen wir endlich zum Kern des Hasen an die Stelle, wo der Pudel im Pfeffer liegt.
Es geht in letzter Konsequenz um die Frage: Ist „Oneironaut“ (als Oberbegriff verschiedener Tätigkeiten, unter anderen: Wissenschaftler und schriftstellerische) eine gültige Berufsbezeichnung für eine selbständige Tätigkeit nach $ 18 EStG, oder ganz zugespitzt formuliert: Ist Oneironaut ein Beruf?
Bevor ich zur Beantwortung der Frage komme, deren Antwort, wie sie unschwer erraten können, „ja“ lautet – so viel sei jetzt schon verraten – möchte ich sicherstellen, dass Sie verstanden haben, warum sich der steuerliche Sachverhalt genau auf diese Frage zuspitzt.
Sie offenbarten mir, dass Sie glauben, ich hätte Sie nicht verstanden. Denn schließlich wollen Sie ja meine Ausgaben als Werbungskosten anerkennen. Nun, es kann durchaus sein, dass ich Sie nicht verstanden habe. Deshalb bitte ich nötigenfalls um Erläuterung. Mir stellt sich der Sachverhalt allerdings eher so dar, dass Sie mich nicht verstanden haben. Denn es geht mir ja gerade darum, dass diese Ausgaben Betriebsausgaben (mit Vorsteuerabzug) darstellen und gerade keine Werbungskosten. Oder haben Sie schon mal was von Werbungskosten mit Vorsteuerabzug gehört?
Sie baten darum, dass ich Ihnen erläutere, wie die schriftstellerische Tätigkeit mit der wissenschaftlichen zusammenhängt. Und ob ich als Schriftsteller irgendeinen Abschluss vorweisen kann. Die Antwort auf die letzte Frage ist: nein, aber brauche ich auch nicht. Oder haben Sie schon einmal von einem „Diplomschriftsteller“ gehört? Schriftsteller ist – und das ist die ebenso harte wie triviale Wahrheit – jeder, der sich dafür hält. Oder, um beim BFH zu bleiben, jeder, der eigene Gedanken für die Öffentlichkeit niederschreibt.
Und ich nutze meine hohe verbale Intelligenz und meine rhetorischen Fähigkeiten und meine Eloquenz, um meine Gedanken der Öffentlichkeit darzustellen. Dieser Brief zum Beispiel (sowie unser gesamter Schriftverkehr) ist im Internet veröffentlicht. Wenn Sie sich ein Bild machen wollen: www.oneironauten.de.
Und diese meine Fähigkeiten werde ich weiterhin nutzen, um meine wissenschaftlichen Erkenntnisse sowie meine Abenteuer, die ich auf meinen Traumreisen wie im Wachleben erlebe, mit der Öffentlichkeit zu teilen.
Langfristig sollen in jedem dieser Bereiche Gewinne abfallen. Allerdings sind alle Bereiche so eng miteinander verwoben, dass eine künstliche Trennung und/oder Dichotomisierung dieses organisch gewachsenen Berufsfeldes weder sinnvoll noch möglich ist.
Und nun fehlt diesem Berufsfeld ein Name. Es ist zugegeben ein neues Berufsfeld, aber jeder Beruf war irgendwann einmal in der Menschheitsgeschichte neu. Ich schlage vor, das Baby „Oneironaut“ zu nennen. Möge es wachsen und gedeihen und seinerseits viele fruchtbare Nachkommen zeugen.
Das Wort Oneironaut ist aus den griechischen Wörtern für Traum (oneiros) und Seefahrer (nautēs) zusammengesetzt. Oneironaut bedeutet also “Traumreisender”. Ursprünglich bezeichnete sich die Gruppe von Klarträumern um Stephen LaBerge als Oneironauten (“Oneironauts”). Für seine Forschungsarbeit suchte er in den Achtzigerjahren Freiwillige für Experimente in (Klar-)Träumen. Über mehrere Jahre hat die Gruppe Techniken zur Erlangung, zum Verlängern und zum Nutzen von Klarträumen studiert.
Haben Sie jetzt verstanden, warum sich unser Streit auf die Frage zuspitzt: „Ist Oneironaut ein Beruf?“ Wenn nicht, bitte ich dringend um Rückfrage! Jede Instanz, die mein Anliegen ablehnt, ist eine verpasste Chance, das Baby zum Schreien zu bringen.
Nun, die Argumentation, warum Oneironaut (m)ein Beruf ist, fällt nun vergleichsweise kurz aus:
Oneironaut ist (m)ein Beruf, weil ich mich dazu berufen fühle.
mit freundlichen Grüßen
Uwe Krüger
Ja. Dazu gibt es nichts weiter zu sagen, außer vielleicht, dass der K.* sich darüber echauffierte beim heutigen Laufen, dass widerspenstige Bürger wie ich egoistisch sind und dem Gemeinwohl schaden. Mein Argument, dass ich keinem Gemeinwohl dienen will, das armen Menschen in Syrien das Haus unter dem Arsch wegbombt, ließ er nicht gelten und meinte, damit könnte man ja alles entschuldigen.
Am Ende kam dann ein böses, chauvinistisches Gedicht heraus, dass ich hier teilen möchte, obwohl ich weiß, dass das Frau Westerland, wenn sie es denn liest, auf 180 bringen wird. Nun, deshalb, liebe Frau Westerland, nehmen Sie es nicht persönlich – das sind einfach pubertäre Phantasien zweier Machos, die nie erwachsen geworden sind:
“Lad sie zu dir nach Hause ein.
Und füll sie ab mit gutem Wein.
Steck deinen Schwengel in sie rein.
Dann lässt sie auch das Streiten sein.”
😉
Also, liebe Trauergemeinde: bis die Tage 🙂
Ihr
Uwe Krüger
* Änderung vom 09.06.2017: K. besteht darauf, seinen Vornamen herauszunehmen. Eine Freundin weigert sich, dass ich ihren Vornamen nenne. Soweit ist es gekommen. Alle haben Angst…